Reste in Babelsberg

Als nächstes waren wir dann auch mal in Berlin und haben in Babelsberg reingeschaut. Leider war das gegenüber Barrandov eine Enttäuschung.

Der große Hut der Stiefmutter soll noch da sein, war aber gerade an eine Märchenerzählerin ausgeliehen. Und als das dazu gehörende Kleid wurde mir nicht das Ballkleid, sondern das "Alltagskleid" gezeigt. Das war auch nicht (mehr) original. Am Kragen hatte man eine rote Borte angesetzt. Da Kleid war überraschend schwer, ganz anders als die Kleider von Libuse. Und auch dieses Kleid ist in Wirklichkeit viel farbenfroher, als es in der alten Filmfassung aussieht.

 

Mehrfach bekamen wir mitgeteilt, dass es sich um eine Koproduktion gehandelt habe und die meisten Kostüme in Barrandov seinen. Als wir dann sagten, da waren wir schon, da sind aber nicht alle stellte sich heraus, dass viele Kostüme einfach nicht mehr vorhanden sind, verkauft (das hat man eine Zeitlang tatsächlich gemacht) oder vom Verleihen nicht oder zerstört zurückgekehrt. War z.B. durch einen Rotweinfleck das Kleid nicht mehr tragbar, wurde es entsorgt. Schon eine schlimme Vorstellung für jemanden wie mich. Ich würde mir jedes Kleid aus dem Film auch zerfetzt und rotweingetränkt in eine Vitrine hängen.


Im Requisitenfundus trafen wir einen sehr netten Mann der sich allergrößte Mühe gab, uns Stücke aus Märchenfilmen zu zeigen, aber da er vor kurzem für eine Ausstellung im Filmmuseum alles heraussuchen musste, was mit Märchen zu tun hatte, wusste er leider ganz genau, dass von 3hfa nichts mehr da war. Er hat mir dann noch per email ein Foto einer Kutsche geschickt, die aber nicht im Film vorkommt. Trotzdem ein sehr netter Mensch. Im Kleinrequisitenfundus bekamen wir sofort die Auskunft, nein, hier gäbe es auch gar nichts mehr. Wir haben dann nach verschiedenen Einzelheiten (z.B. dem Wappenschild oder den schmiedeeisernen Kronleuchtern im Ballsaal) gefragt, mussten aber unverrichteter Dinge wieder abziehen.

 

In der Bibliothek der Filmhochschule durfte ich wenigstens das bzw. ein Drehbuch vom 16.11.1972 mal in Händen halten. Sicher war es nicht das Exemplar, mit dem beim Drehen gearbeitet wurde - dazu war es viel zu sauber und glatt ;-). Außerdem muss es das ja auch noch auf tschechisch geben. Dann gab es eine Menge alter Zeitungsausschnitte hauptsächlich von März 1974, als der Film in der DDR angelaufen war. Die durfte ich alle kopieren. Weil die Anmeldung als Benutzer der Bib ein bisschen chaotisch war und sich dann herausstellte, dass ich nur einen Tag Zeit hatte und 500 km angereist war, bekam ich die Kopien geschenkt. Das fand ich auch sehr nett. Leider haben wir aber trotz mal wieder einiger freundlicher Menschen wenig erreicht.

 

Inzwischen sind doch noch ein paar Einzelteile augetaucht. Für die Aschenbrödel-Ausstellung in Schloss Moritzburg hat Frau Fleischer, die selber in Babelsberg arbeitet, mit Screenshots bewaffnet den ganzen Kostümfundus durchkämmt und tatsächlich noch einiges entdeckt, so z. B. das "Wurstärmelkostüm" des Königs, das Ballkleid mit Fellumhang der Stiefmutter, ein Ministergewand und das Outfit von Doras erstem Tanzpartner Hurra!

 


 


 

2014 - Kleid in Erfurt aufgetaucht

Als ich letztens in Weimar war, kam ich auf der Rückfahrt in an der Goethe Chocolaterie in Oldisleben vorbei, in der im November und Dezember 2014 eine kleine Aschenbröde-Ausstellung zu sehen war. Grandios: Schloss Moritzburg in Schokolade! Hammer! Eine sehr süße kleine Chocolaterie, die sich eine Lizenz gekauft hat, um den Filmnamen und Filmfotos für Ihre Produkte verwenden zu dürfen. Als ich kam, war gerade eine Kindergruppe beim Pralinenherstellen. Knuffig.

 

Die kleine Ausstellung ist auch nett gemacht, und nun der Hammer: Es gab ein Originalkostüm aus dem Film zu sehen! Eine Leihgabe von Frank Palmowski aus Erfurt.

 

Herr Palmowski war so nett, Anfang Januar 2015 mit mir lange zu telefonieren und auch noch ein paar Fotos zu schicken. Dankeschön!

 

Hier also die Geschichte des Kleides, soweit der neue Eigentümer sie bis jetzt herausfinden konnte:


Das Kostüm im Fundus des Theaters Erfurt

"Romeo und Julia" im Sommertheater 1999 in der Erfurter Barfüßerruine (Fotograf Lutz Edelhoff).
"Romeo und Julia" im Sommertheater 1999 in der Erfurter Barfüßerruine (Fotograf Lutz Edelhoff).

Die Palmowskis haben das Kleid vor einigen Jahren bei einer Kostümversteigerung des Theaters Erfurt erstanden. Nachdem sie gemerkt hatten, was sie da neuerdings besitzen, hat Herr Palowski zusammen mit der Obergewandmeisterin des Theaters genauer nachgeforscht, wie es dorthin kam.

 

Das Theater Erfurt hatte zu DDR-Zeiten häufig Gastschauspieler, die für eine oder zwei Spielzeiten z. B. aus Berlin kamen und dann auch oft Kostüme o. ä. mitbrachten. Die DDR war klein, man hat alles genutzt, was man bekommen konnte, so Herr Palmowski. Es wird vermutet, dass das Kostüm auf diesem Wege nach Erfurt ans Theater kam. Im Kleid selber ist leider nur noch ein Einnäher vom Theater Erfurt, der auf eine Inszenierung von Shakespeares Romeo und Julia hinweist. Bei dieser Aufführung in der Erfurter Barfüßerruine in der Spielzeit 1999/2000 wurde das Kostüm von einer Statistin getragen.


Historisch interessierte Erfurter ersteigern das Kostüm

Bei der jährlichen Kostümversteigerung des Erfurter Theaters halten die Palmowskis immer die Augen offen, aber nicht wegen Aschenbrödel, sondern weil die ganze Familie historisch interessiert ist. Als die Tochter noch klein war, haben alle drei sieben Jahre am Stück am "Historischen Besiedlungszug" teilgenommen, den Herr Palmowski so beschreibt: "150 Verrückte, 50 Pferde, 15 Planwagen auf 150 Kilometern zu Fuß." So schärft man das Auge für das Besondere und 2004 haben die Palmowskis daher ein Kleid ersteigert, das ihnen für ihre Hobbies geeignet erschien.

2013 hatte die Tochter des Hauses das Kleid noch auf einer Veranstaltung getragen. Weihnachten desselben Jahres schaute man mal wieder 3hfa an, da erkannte die Tochter ihr Kleid im Film. Zuerst waren alle noch skeptisch. So ein Glückstreffer, das konnte ja gar nicht sein. Also wurden Screenshots gemacht und bis zum Gehtnichtmehr vergrößert. Herr Palmowski verglich alle Details, die Nähte und die Verzierungen und gelangt zu der Ansicht: doch, das ist genau das Kleid aus dem Film!

 

Einiges war im Laufe der Jahre daran verändert worden, die Schleppe war neu und auch die Verzierungen anders, z. B. ist statt goldener Verzierungen im Gürtel ein gelbes Band durchgezogen worden. Aber trotzdem zweifellos "das Kostüm".

Das Kleid ist, wie hier auch schon von anderen Kostümen berichtet wurde, sehr schwer, es wiegt ein paar Kilos und Tochter Palmowski findet, es macht keine Freude es zu tragen. Aber es ist eben auch sehr gut gearbeitet, mit vielen Haken und Ösen und "für die Ewigkeit gemacht", wie Herr Palmowski findet. Seine Tochter war richtiggehend erschrocken über die ausgezeichnete Qualität, auch wenn man dem Kleid ansieht, dass es viel getragen wurde. So eine Spielzeit hat 6 bis 10 Aufführungen von jeweils etwa zwei Stunden und da wird auch viel geschwitzt.

 

Ihren Fund hat die Familie in einem Gästebuch irgendeiner Webseite kundgetan. 2014 kam dann die Schokoladenfirma auf die Familie zu und bat darum, das Kleid für ihre Werbeveranstaltung ausleihen zu dürfen. Herr Palmowski wollte erst einen kleinen Obolus dafür nehmen, seine Tochter, die es schließlich entdeckt hat, studiert zurzeit und hätte eine kleine Zuwendung gebrauchen können. Aber da die Schokofirma auch sicherlich "mit dem spitzen Bleistift rechnen muss", hat man sich dann auf 0 Euro geeinigt.

 

Die Familie Palmowski hat sich sehr über ihr unverhofftes Glück gefreut und möchte es gern teilen. Sie finden, "warum soll man sich alleine freuen?"

 

Genau. Danke, Familie Palmowski!