Die Drehorte

Ausführendes Studio war das Filmové Studio Barrandov in Prag. Die Außenaufnahmen wurden nach der tschechischen Filmdatenbank Ceske Filmové Nebe auf Schloß Moritzburg, in der Gegend um die Burg Švihov und bei Klatovy gemacht. Die Innenaufnahmen im Schloss sind in den Babelsberger Filmstudios entstanden, die Innenszenen auf dem Gut der Stiefmutter wurden in Deutschland auf einem Bauernhof gedreht, wie Václav Vorlícek auf der neuen tschechischen DVD kurz erwähnt, und die Stallszenen mit Nikolaus nach Auskunft von Gerd Lilie im Mittelstall des heutigen Sächsischen Landesgestüts in Moritzburg.

 

Filmstudios Barrandov in Prag

"Barrandov" ist nicht nur der Name der großen Prager Filmstudios, sondern auch eines Prager Stadtteils, um genauer zu sein: Das hohe Ufer des Flusses Vltava (Moldau) an der Stelle, wo der Fluss in den mittelalterlichen Stadtkern eintritt wurde nach dem französischen Forscher Joachim Barrand benannt. Dieser Mensch ist zwar schon seit 1883 tot, hat sich vorher aber in Mittelböhmen um die Paläontologie (Lehre von den ausgestorbenen Lebewesen) verdient gemacht. Außer den Filmstudios Barrandov gibt es auch eine Lagerbier-Marke Barrandov.

Die Filmstudios Barrandov existieren seit 1930. Seit einigen Jahren ist die Stahlgesellschaft Moravia Steel Merheitseigner. Das Studio ist eins der größten in Europa. Seine Geschichte stellt sich auf der seit kurzer Zeit richtig brauchbaren Homepage so dar:

 

Die tschechische Filmgeschichte ist eng mit der Geschichte der Prager Unternehmerfamilie Havel verknüpft. Nach der Gründung Tschechoslowakiens im Jahre 1918 kam der jüngere der beiden Havel-Brüder, Milos, zu einigem Reichtum. 1921 gründete er die AB Aktiengesellschaft in welcher er seine beiden Vertriebsgesellschaften "American Film" und "Biografia" zusammenfasste. Anfang der 30er Jahre überredet er seinen Bruder Havel (Vater des späteren Präsidenten Tschechiens), der sich gerade eine luxuriöse Villenanlage auf einem Hügel 5 km außerhalb der Stadt bauen wollte, ein modernes Filmstudio mit einzuplanen.

 

Am 28. November 1931 begannen die Bauarbeiten nach Plänen von Max Urban. 14 Monate später wurde der erste Film gedreht: "Vražda v Ostrovní ulici" (Mord auf der Ostrov-Straße). schon nach kurzer Zeit hatte Barrandov 300 feste Mitarbeiter, drehte bis zu 80 Filme im Jahr und wurde langsam für ausländische Produzenten attraktiv. Während des 2. Weltkriegs planten die Deutschen Besatzer, das Studio zu einer Konkurrenz zu den großen Filmfirmen in München und Berlin aufzubauen und begannen 1941 mit dem Aufbau von drei großen, zusammenhängenden Produktionshallen, die aber nicht vor 1945 fertig wurden. Mit über 3500 qm sind sie noch heute für Filmemacher aus aller Welt atrraktiv.

 

Kurz nach dem Krieg wurden die Barrandov Studios "nationalisiert", dh. in Staatseigentum überführt und blieben es 1990. In dieser Zeit wurden die Filmlabors sowie eine Bühne für Spezialeffekte gebaut, darunter ein Tunnel für Rückwärtsprojektion (wenn jemand weiß, was damit gemeint ist und den richtigen deutschen Fachbegriff weiß, immer heraus damit) und ein Wassertank mit Unterwasserequipment.

 

Der Prager Frühling Mitte der 60er wurde von einer Welle neuer tschechischer Filme begleitet, die weltweite Beachtung fanden. In Barrandov arbeiteten damals z.B. Miloš Forman, Jirí Menzel, Vojtech Jasný, Vera Chytilová, Jan Nemec, Ivan Passer, Elmar Klos und Ján Kádár. Menzels Film "Ostre sledované vlaky" (Scharf beobachtete Züge, 1966) und "Obchod na korze" (Der Laden auf dem Korso, 1965) von Kádár und Klos gewannen Oscars für den besten ausländischen Film. Formans "Horí, má panenko" (Der Feuerwehrball, 1967) und "Lásky jedné plavovlásky" (Die Liebe einer Blondine, 1965) wurden nominiert.

 

Dazu sollte man auch anmerken (und das steht nicht in Barrandovs HP), dass Zensur herrschte und genau wie in der DDR bestimmte Inhalte und Aussagen nicht gewünscht wurden, so wurde z.B. "Der Feuerwehrball" wegen seiner beißenden sozialsatirischen Art verboten, was mit ein Grund für Forman war, in die USA auszuwandern (wo er für "Einer flog über das Kuckucksnest" den Regie-Oscar bekam - neben 4 weiteren Oscars; später drehte er wieder in Prag - Amadeus, Kostüme übrigens von Theodor Pištek). Denken wir in dem Zusammenhang auch mal an František Pavlícek, den eigentlichen Drehbuchautoren unseres geliebten Aschenbrödel-Films.

In den 70ern wurden ca. 70 meist tschechische Filme pro Jahr gedreht, aber in den 80ern begannen internationale Filmemacher Prag wiederzuentdecken. Nach der "Samtenen Revolution" 1989 wurde das Unternehmen wieder privatisiert. Zwar übernahm der Staat nun nicht mehr alle Kosten für sämtliche inländische Filmproduktionen, der Verlust wurde aber durch das dramatische Ansteigen der Aufträge aus dem Ausland mehr als wettgemacht. Auch das Tschechische Fernsehen sowie Werbeagenturen greifen auf die Barrandov Studios zurück, die inzwischen jedweden Service rund um das Filmemachen anbieten können (die komplette Preisliste ist als .pdf auf der Webseite verfügbar). U.a. wurden in letzter Zeit D'Artagnan et les trois mousquetaires, Everything is Illuminated, The Brothers Grimm, Hellboy, Hitler - The Rise of Evil, Van Helsing, Alien Vs. Predator und andere internationale Streifen teilweise oder ganz in Prag mit tschechischen Darstellern gedreht.

 

Leider gibt es keine geführten Touren für Touristen, denn in Barrandov möchte man seinen Kunden ermöglichen, ungestört zu arbeiten. Andererseits sind verschiedene Restaurants für jedermann geöffnet, so z.B. das Restaurant Barrandov im Turm des Hauptgebäudes. Hervorgegangen aus einer Art Künstlerkantine wurde es schnell zum Szenetreff der Prager Society. Leider sind die Zeiten vorbei. Geöffnet hat das Speiselokal von 8 bis 16 Uhr, die Küche serviert von 11 bis 14 Uhr warme Gerichte. Die Bar Barrandov, ebenfalls im Hauptgebäude, ist von 10 bis 22 Uhr geöffnet, die Cafeteria im Gebäude der Filmlabors bis 14 Uhr (bzw. 14:30) und die Snackbar "U Kocek" im Gebäude der Bühnen 5,6 und 7 bis 15 Uhr.

 

 

Quellen:

  • http://www.radio.cz/deutsch/block/15-5-97.html,
  • The Name, Barrandov.co.uk, online am 24.08.2004 unter http://www.barrandov.co.uk/docs/name.html
  • History, Barrandov.cz online am 24.08.2004 unter http://www.dgulab.cz/barrandov/main.php?language=en&pageid=102&id=5200
  • Fotos: Kathrin Richter